Begegnungen in Zeiten von Corona – von Video-Konferenzen und Glücksrittern
Der Start in eine Welt des Handels mit persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) wie Masken, Schutzkleidung, Handschuhe, etc., hat unser Leben verändert.
CORONA mit seinem Lockdown führte dazu, dass persönliche Meetings und Besprechungen mit Kunden nicht mehr möglich waren. In dem großen Bürogebäude, in dem wir arbeiten, waren wir als Team – natürlich unter Berücksichtigung aller Abstands- und Hygieneregeln – teilweise komplett allein. Der Business-Park, in dem unser kleines Unternehmen sitzt, wirkte durch Homeoffice und Kurzarbeit wie eine geräumte Trabantenstadt.
Wir dagegen tauchten mit unserer Kompetenz als Einkaufsprofis in einen – für uns – völlig neuen Markt ein. Die ersten Wochen fühlten wir uns wie im „Wilden Westen“. Der Handel rund um die Schutzausrüstung wirkte, auch in Deutschland, vollkommen unreguliert.
Neue Märkte, Glücksritter und neue Wege der Kommunikation
In dem Business für PSA tummeln sich zahlreiche Marktteilnehmer, die aus der Not heraus in dieses Geschäft mit einstiegen. Wir begegneten Künstlern, Eventmanagern, Autohändlern unterschiedlicher Nationalitäten oder auch Immobilienmaklern und vielen anderen. Die meisten wollten sich über den Handel mit Schutzausrüstung ihre nackte Existenz sichern. Einige wenige witterten wohl gleichzeitig das große Geschäft – Glücksritter eben.
Vor allem Mitbürger chinesischer Herkunft haben sehr schnell Ihre Netzwerke (Familien, Bekannte) aktiviert, um die anfangs sehr begehrten und heiß gehandelten FFP2-Masken aus China zu bekommen, um diese dann zu Höchstpreisen anzubieten. Qualität schien zunächst keine Rolle zu spielen. Der Markt hat alles aufgesaugt, was geliefert wurde. Eine Goldgrube, so dachten viele, in der kaufmännischer Anstand und das gegebene Wort nur so lange zählte bis jemand einen höheren Preis zahlte.
Um in dieser veränderten Welt voller neuer Regeln wieder in die Kommunikation mit Kunden und Lieferanten gehen zu können, mussten wir sehr schnell unsere gewohnte Arbeitsweise umstellen. Neue Technik wurde installiert, Video-Konferenzen organisiert und abgehalten, um auf diese Art alle Kontakte aufrecht zu halten.
Schöne neue Technikwelt und Bilder, die man nicht sehen will
Lebhaft erinnern wir uns an ein Video-Meeting mit einem auf Mauritius lebenden Inder, mehreren US-Amerikanern und uns. Der Inder, Mittler zwischen mehreren Parteien, war es gewohnt, seine Geschäfte „aus dem Homeoffice“ abzuwickeln. Er bot während des Meetings mehrfach vollkommen andere Produkte und Dienstleistungen an, um die es eigentlich gar nicht ging.
Das Highlight der Video-Konferenz war allerdings der auffällige Hintergrund. Der hat uns alle sehr irritiert: Das Fenster im Rücken des Inders war mit den ausladenden Kleidern einer Dame verdunkelt, und auch eine Boxershorts ähnliche, sehr große Unterhose hielt unsere Blicke im Bann.
Wir haben aus dieser Begegnung gelernt, unbedingt auf den eigenen Hintergrund zu achten, um Kunden und Partner nicht unnötig vom Geschehen abzulenken.
Fremde Menschen und befremdliches Geschäftsgebaren
Viele Gespräche finden zwischen potenziellen neuen Geschäftspartnern statt, die man noch nie zuvor gesehen hat. Daher organisieren wir grundsätzlich im Vorfeld eine Kennenlern-Video-Konferenz.
Eines dieser Gespräche war besonders einprägsam:
Ein Immobilienmakler aus dem Ruhrgebiet saß während der kompletten Dauer des Gesprächs auf dem Flachdach eines 50er Jahre Mehrfamilienhauses zwischen Schornsteinen und Lüftungsrohren – und rauchte einen Joint! Er selbst wirkte eher ungepflegt, sprach von riesigen erfolgreichen Deals und Netzwerken. Sie fragen sich jetzt hoffentlich nicht ernsthaft, ob wir diese Geschäftsbeziehung vertieft haben…
An anderer Stelle hat uns ein „Geschäftspartner“, aus einer reichen Familie in UK stammend, eine barsche Absage für ein großes internationales Geschäft übermittelt. Er kam gerade von einer Modenschau und schlängelte sich mit sehr hektischen Bewegungen und seinem Handy in der Hand durch eine belebte und vornehme Einkaufszone. Dabei gönnte er sich nebenbei auch den einen oder anderen Fingerfood.
Diese Art „Geschäfte so nebenbei“ zu machen fanden wir sehr befremdend. Seine Mitarbeiter, die sämtliche positiven Vorgespräche mit uns geführt hatten, im Übrigen auch. Sie hatten alle das finale „Go“ erwartet und konnten sich anschließend für das unerwartete Gebaren ihres Chefs nur entschuldigen.
Wir haben durch das PSA-Geschäfts viele Facetten der Gesellschaft erlebt. Wir lernten Menschen kennen, die für unterschiedliche Regierungen (verdeckt oder offen) einkaufen, dubiose Gestalten, die wie selbstverständlich mit Ihrer manchmal sehr eigenen Art durchs Leben gehen und Künstler, die einfach um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen. Die meisten Begegnungen waren positiv. Teilweise sind sogar Freundschaften entstanden. Die Arbeit an ungewöhnlichen Projekten und unter ungewöhnlichen Bedingungen schweißt zusammen. Aber es gibt auch Begegnungen, auf die wir gerne verzichtet hätten. Hierzu aber später mehr. ….
Arno Rogalla & Dimitri Koranis